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Bei unserer Abbey, einem Berger des Pyrénées, wurde mit 13 Jahren eine beginnende Demenz festgestellt.
Auf dieser Internetseite erfahren Sie, wie die Krankheit verlaufen ist und wie wir damit umgegangen sind.

Laut einer Studie aus den USA, zeigten fast 20 % der Hunde im Alter von 14 Jahren oder älter Anzeichen einer Hundedemenz (Fachlich auch als „Kognitives Dysfunktionssyndrom (CDS)“ oder „canine cognitive dysfunction (CCD)“ bezeichnet).
(Verweis: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6943310/)

Wie beim Menschen auch, scheint das Thema bei immer älter werdenden Hunden an Relevanz zu gewinnen.

Auf dieser Internetseite erfahren Sie, wie Sie eine Demenz beim Hund erkennen können, wie wir unseren demenzkranken Hund im Alltag erlebt haben und wie wir mit dem zwangsläufigen Ende umgegangen sind.
Abschließend sagen wir Danke an alle, die unsere Abbey bis zum Schluss begleitet haben.

Über Abbey

Unsere Abbey hat zusammen mir ihren beiden Brüdern bei einer „Berger des Pyrénées a face rase“- Züchterin das Licht der Welt erblickt. Im Alter von 9 1/2 Wochen ist sie dann bei uns eingezogen. Somit hat sie ihr Leben nahezu von Anfang an bei uns verbracht.

Bis zu Ihrem 8. Lebensjahr hatte sie gesundheitlich keine Probleme. Den Tierarzt sahen wir nur zur jährlichen Routinekontrolle.
Das änderte sich leider schlagartig, als sie plötzlich an einem idiopathischen Vestibularsyndrom erkrankte. Anfallsartig konnte sie plötzlich nicht mehr geradeaus laufen. Die Augen zitterten wild hin und her (Nystagmus) und sie war völlig apathisch.
Dieser Zustand besserte sich nach maximal 8 Stunden wieder, 2 Tage später war nahezu nichts mehr zu bemerken.
Die Anfälle kamen im 8. Lebensjahr über eine Zeitraum von 3 Monaten mit immer kürzeren Intervallen und verschwanden dann plötzlich wieder, um im 13. Lebensjahr wieder für ein paar Episoden aufzutauchen.

Obwohl alle diagnostischen Möglichkeiten (Röntgen, 2x MRT, Liquoruntersuchung, Blutuntersuchungen, Blutdruckmessungen, ….) ausgeschöpft wurden, konnte nie eine Ursache dafür gefunden werden.

Abbey, ein Berger des Pyrénées a face rase, im Alter von 8 Jahren
Abbey im Alter von 8 Jahren
Berger des Pyrénées a face rase. F.C.I. Standard Nr. 138.

Abbey war ein traumhaftes Familienmitglied. Zu Hause fühlte sie sich am wohlsten. Rassetypisch war sie sehr gelehrig und aufmerksam. Fremdem und Fremden gegenüber war sie zurückhaltend, ein typischer Hütehund eben.
Wir hatten jedoch nie Probleme ihr Temperament zu zügeln. Sie forderte uns auch nie heraus und testete auch als junger Hund nie die Reißfestigkeit unserer Nerven.
Generell waren wir mit Abbey viel unterwegs (vor allem Anja). Sie war ein unermüdlicher Läufer und konnte auch bei Suchspielen glänzen.

Andererseits begleitete Sie fast ihr ganzes Leben die panische Angst vor anderen Hunden.
Wir waren nicht in der Lage, ein traumatisches Erlebnis im Welpenalter mit zwei Dobermännern mit ihr zu verarbeiten. Abbey war unser erster Hund und wir verließen uns bei der Erziehung auf den Sachverstand von „Experten“ in Hundeschulen und in einem Hundeverein.
Erst Uwe Friedrich (teamcanin.com) zeigte uns den richtigen Weg, mit ihren Ängsten umzugehen und dafür sind wir noch heute dankbar!
Leider hatten sich bis dahin die Ängste schon sehr gefestigt, so dass sie lange Zeit Abbeys Begleiter bleiben sollten.

Demenz beim Hund erkennen

Die Demenz kommt schleichend und versteckt sich hinter normalen Alterserscheinungen.
Nicht jeder Hund altert gleich. Die Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verändert sich bei jedem Hund mit zunehmendem Alter. Die dramatischste Auswirkung der Demenz ist letztendlich der Verlust der Persönlichkeit des Hundes. Vom ursprünglichen Wesen wird eines Tages nichts mehr übrig sein, typische Angewohnheiten und geliebte Marotten verschwinden.

Deshalb ist es wichtig eine Demenz so früh wie möglich zu erkennen. Zum einen gibt es Möglichkeiten das Fortschreiten zu bremsen. Zum anderen hilft es dem Verhältnis Mensch-Hund unnötigen Frust zu vermeiden.

Bei Abbey sind uns die ersten Anzeichen im Alter von 13 Jahren aufgefallen:
Sie hat angefangen, in einem ihrer Hundekissen wie verrückt und sehr gestresst zu buddeln. Hierbei hat sie dann auch die ersten Male in der Wohnung Urin verloren.

In den darauf folgenden Monaten kamen einige weitere typische Anzeichen hinzu:

Graben/buddeln
Sie hat immer öfter wie wild auf ihren Kissen und Decken gebuddelt. Dies geschah sehr ausdauernd, mit starkem hecheln und aufgerissenen Augen, wie im Wahn. Hierzu hat sie dann auch meist Urin verloren..

Alleine bleiben
Abbey konnte immer problemlos einige Stunden alleine zuhause bleiben. Auf einmal wurde dies zu einem Problem: Alleine wurde Sie zunehmend orientierungslos und panisch.

Orientierungslosigkeit
Die Wohnung entwickelte sich für sie immer öfter zu einem Labyrinth. Plötzlich stand sie in einer Zimmerecke, oder unter einem Stuhl und konnte aus dieser Situation nicht mehr herausfinden. Sie verwechselte immer öfter Türen und konnte nicht mehr einschätzen, ob sie durch Lücken hindurch passt oder nicht. Deshalb musste immer jemand bei ihr in der Nähe bleiben und wir achteten auch darauf, keine neuen Hindernisse in die Wohnung einzubauen.

Körperhaltung
Was sich auch verändert hat, war ihre Körperhaltung. Sie lief nur noch in einer Art geduckten Körperhaltung mit etwas hängendem Kopf, wodurch sie auch im Weg stehende Gegenstände oder Personen nicht ausreichend bemerkte. Es konnte vorkommen, dass Sie auf Dinge auflief und dann wartete, bis sie aus dem Weg geräumt wurden. Ihre Gangart veränderte sich zu einem „schleichenden“ Gang. Sie wurde immer unsicherer, unebene Wege bereiteten Schwierigkeiten.

Zwangswandern
Langes und sinnloses umherlaufen in der Wohnung. Immer im Kreis um Tische oder andere Möbel. Abbey lief immer nur linksherum!

Persönlichkeitsveränderungen
Abbey zeigte plötzlich in verschiedenen Situationen Drohgebärden. Zum Beispiel beim Tierarzt oder wenn man Sie duschen musste. Immer in Situationen die für sie unübersichtlich waren.
Es kam vor, dass sie draussen plötzlich und unvermittelt von uns weglief. Rufe wurden von ihr zwar wahrgenommen, sie konnte diese aber nicht zuordnen und lief dann panisch immer schneller davon. Deshalb mussten wir sie bald mit der langen Schleppleine absichern.
Zu einem späteren Zeitpunkt war eine Interaktion nicht mehr möglich. Sie reagierte auf kein Ansprechen, aber auch über körperliche Nähe konnte man sie nicht erreichen. Zum Schluss war es, als hätte man einen Roboter, der sein einprogrammiertes  Programm abspielt, auf das man nicht einwirken kann.

Inkontinenz
Ein ganz typisches Demenz-Anzeichen ist, dass die Geschäfte (klein und groß) nicht mehr draußen, sondern nur noch in der Wohnung gemacht werden. Von anfangs nur gelegentlich steigerte es sich soweit, dass es Abbey auf der Gassirunde kaum erwarten konnte nach Hause zu kommen, um dort ihr Geschäft zu machen. Es war also komplett verdreht.

Desinteresse
Abbey nahm immer weniger von ihrer Umgebung wahr. Es gab immer weniger Interaktionen mit ihr bekannten Menschen, Hunden oder auch mit uns.

Ein Demenzkranker Hund im Alltag

Das Verhalten eines an Demenz erkrankten Hundes wird sich über die Zeit stark verändern.
Man kann leider nicht vorhersehen, in welche Richtung es sich bewegen wird, aber es ist leider mit allem zu rechnen.
Nich alle Veränderungen sind schlecht. Unsere Abbey „vergaß“ in ihrer Demenz, dass sie eigentlich jahrelang panische Angst vor anderen Hunden hatte. Die letzten Lebensmonate war sie ruhig und entspannt, wenn wir anderen Artgenossen begegneten.
Auch Besuche beim Tierarzt entwickelten sich positiv. Wo früher zumindest ein gehöriger Respekt vorhanden war, entwickelte sich eine gewisse Gleichgültigkeit.

Andererseits zeigte Abbey plötzlich auch deutlich an, wenn ihr etwas nicht passte:
Durch Drohgebärden („Zähne zeigen“) oder schnappen in Situationen, die sie als bedrohlich wahrnahm.

Anfangs nimmt man die Veränderungen als „Marotten“ eines alten Hundes wahr.
Mit der Zeit kommen aber immer mehr Dinge zusammen, die schlussendlich einen völlig neuen Charakter formen können.

Als sehr großes Problem kann sich das verlieren der Stubenreinheit darstellen.
Anfangs passierte das bei Abbey nur ab und zu, gegen Ende hatten wir den Eindruck, dass sie ihr „Geschäft“ nur noch in Innenräumen machen kann.
Für uns war das kein großes Problem, da wir überall robuste Fussbodenbeläge haben und wir sie ohnehin nicht mehr alleine gelassen haben. Aber damit muss man sich arrangieren können.

Generell benötigt ein demenzkranker Hund einen geregelten Alltag mit den immer gleichen Ritualen. Er braucht feste Ankerpunkte. Unvorhergesehnes verunsichert den Hund, da er mit fortschreitender Demenz die Welt immer weniger verstehen kann.

Der Mensch sollte immer den Kontakt suchen, auch wenn der Hund nicht wie gewohnt darauf eingeht, sind „seine“ Menschen oft das einzige, was ihn beruhigen kann.
Es ist wichtig Ruhe auszustrahlen, auch wenn es schwer fällt. Wut oder Zorn kann schon ein gesunder Hund nicht nachvollziehen.

Abbey konnte in den letzten Monaten nicht mehr alleine gelassen werden. Sie benötigte eine Vollzeitbetreuung. Ihre Kommunikation mit uns wurde dabei immer weniger. Dazu kamen dann auch körperliche Probleme, die bei einem fünfzehnjährigen Hund nicht ausbleiben.

Wir haben Abbey in ihrer Demenz mit aller Kraft unterstützt. Natürlich wurde sie auch verwöhnt, wenn es irgendetwas gab das ihr gut getan hat. So eine lange Zeit mit Demenz kann furchtbar anstrengend und zermürbend sein, aber man muss sich immer vergegenwärtigen, dass unsere alte Freundin uns nicht damit ärgern wollte sondern einfach nicht mehr anders konnte. Und deshalb waren wir es ihr schuldig, ihren Lebensabend so schön wie nur möglich zu gestalten. Schließlich bereicherte sie unser Leben und war uns in allen Lebenslagen immer eine treue Begleiterin!

Hier haben wir Tipps für den Alltag zusammengestellt.

Danke!

An dieser Stelle sagen wir Danke an alle, die uns während den letzten 2 Jahren begleitet haben und unsere Abbey jederzeit akzeptiert haben wie sie war!

Den Angestellten der Esenwein GmbH, die ihr Teammitglied trotz mancher Zumutungen immer respektiert und unterstützt haben.

Wir danken dem Team des „Tiermedizinisches Zentrum Stuttgart Vaihingen“ (vormals „Dachswaldklink“) für die gute Betreuung der letzten Jahre! Besonders Dr. Reder, der uns als Erster frühzeitig auf die mögliche Demenz aufmerksam machte und Frau Bloßfeld, die mit Ihrer ruhigen und einfühlsamen Art vieles erträglicher machte.

Unser besonderer Dank geht an alle, die Anteil genommen haben, als Abbeys Leben nach 15 Jahren und fast 3 Monaten zu Ende ging!

Abbey: 22.11.2005 – 12.02.2021